"Jugend ohne Gott" - Live-Hörspiel-Performance nach Ödön von Horvath

R. Rettich, 21.01.2020/ Am Dienstag, den 21.1.2020 besuchten vier Klassen der BBS DÜW o.g. Aufführung. Schulsozialarbeiter Uli Himmel hatte zu Schuljahresbeginn das Angebot erhalten, dass sich Schulen für den Besuch des Stückes bewerben können. Da schlug er gleich zu. Weil wir keine Aula in der Schule haben, fragten wir in der BBS Neustadt an.

Die Neustadter bekamen früh morgens eine Aufführung und wir durften von 10.30 bis 13 Uhr die Aula dort nutzen und erhielten eine „eigene“ Vorstellung.

Beide BF 2-Klassen, HBF M 19 und HBF HE 18, in Begleitung der Lehrkräfte Eckel, Kirschbaum, Piacentini, Hauck und Rettich besuchten das Theaterstück, welches den Schwerpunkt auf Hören legte. Der Schauspieler Stephan Wriecz und der Musiker Peter Hinz vermittelten den Inhalt des Horváth-Romans sehr anschaulich in einem Live-Hörspiel.

Das Zusammenspiel der beiden Performer wirkte perfekt. Man verständigte sich mit Blicken und per Kopfnicken. Hinz schlüpfte in die verschiedenen Rollen, die mittels verstellter Stimme, diversen Akzenten und Lautstärke klar voneinander zu unterscheiden waren.

Im anschließenden Gespräch bekamen die Performer ausschließlich positives Feedback. Viele Fragen zur Probenarbeit und zur Schauspielerfahrung wurden gestellt.

Worum geht es in dem Stück?

Von Horváth schrieb den Roman bereits 1937, worin er das Leben von Jugendlichen im Nazi-Deutschland beschreibt. Horváth selbst schreibt, es gehe um die „seelenlose Verfassung der Jugend, die, abseits von Wahrheit und Gerechtigkeit, in einer unheimlichen Kälte heranwächst“. Das Geschehen wird aus der Sicht eines Lehrers betrachtet, der lange schweigt, weil er einfach seine Ruhe haben will. Der Lehrer muss gegen seinen Willen die Nazi-Ideologie unterstützen, sogar ein Jugendzeltlager betreuen. Im Zeltlager geschieht ein Mord. Der wird erst aufgeklärt, als der Mörder, vom Lehrer verdächtigt, Selbstmord begeht. Zuvor muss sich der Lehrer viele Beschimpfungen und Unterstellungen gefallen lassen. Nach Ende des Gerichtsverfahrens geht der Lehrer ins Ausland.

Zu Beginn des Stückes äußert der Lehrer die Haltung, dass man alleine nichts verändern könne. Man müsse sich halt im Stillen ärgern. Diese Haltung ist (leider) zeitlos und auch heute noch viral. Hinzu kommt die Schaulust (im Stück mit stumm glotzenden Fischen verglichen). Es wird geglotzt ohne einzugreifen bzw. aktiv zu werden. Das Gewissen ist in solchen Situationen offenbar der Schaulust untergeordnet. Also ist die Botschaft des Stückes immer noch aktuell. Zur Unterstreichung der Aktualität werden neben original-Nazi-Tonaufnahmen auch aktuelle Tonaufnahmen (Reden der Pegida-Anführer, von NPD-Aktivisten, etc.) im Stück eingespielt. Einige Schüler haben diese Einspieler erkannt und im Abschlussgespräch darauf Bezug genommen. Geärgert haben sich einige Schüler, dass im Stück Gott mehrfach negiert wird. Schauspieler Hinz konnte diese Wahrnehmung gerade rücken: „Gott“ stehe hier stellvertretend für „Gewissen, Orientierung, Moral“. Und daran mangelt es einigen Mitmenschen leider ja nun wirklich.

 

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